Archiv | Oktober, 2011

Sprachkurs „Klappe die 2.“

28 Okt

Zwecks Kiswahili haben wir jetzt durchgeboxt das wir noch einmal einen Sprachkurs bekommen, weil logischerweise kann man eine Fremdsprache nicht in 2 Wochen erlernen – für Englisch hat man ja auch oft 8 Jahre Zeit und kann es danach meist noch nicht richtig im Alltag anwenden…
Am Mittwoch hat unser Sprachkurs dann begonnen, ein Lern-Tag sollte es sein, jeden Mittwoch – den ganzen Tag.
Mittlerweile haben wir diesen Plan zwecks Ineffektivität wieder verworfen und uns dazu entschlossen drei mal in der Woche eine Stunde Kiswahili gelehrt zu bekommen, gleich am Morgen vor der Arbeit von 8.00 bis 9.00 Uhr
– da sind unsere Gehirne hoffentlich noch am leistungsfähigsten.
Unser Sprachlehrer Suspeter aus Rulenge ist eine Rarität. Er hat seine Grundschulzeit in Deutschland verbracht und spricht deshalb sehr gut Deutsch, was natürlich beim Sprachen lernen eine große Hilfe ist.
Deutsch-Kiswahili ist für mich eben doch noch verständlicher als Englisch-Kiswahili.
Darüber hinaus können wir auch über Tansania an sich und über politische Strukturen des Landes sehr gut mit ihm diskutieren, da er durch sein Studium („Internationale Beziehungen“) viel Knowledge aufweisen kann.
Und ich muss jetzt nur am Ball bleiben und jeden Tag fleißig üben üben üben.
Trotzdem tauchen immer wieder Schwierigkeiten auf mit denen man zu Beginn nicht gerechnet hat, z.B. die afrikanischen Zeitangaben betreffend. 7 Uhr morgens wird mit „saa moja asubuhi“ übersetzt – wörtlich heißt „saa moja asubuhi“ jedoch „Stunde 1 morgens“. Der afrikanische Tag beginnt also nicht wie bei uns um Mitternacht, sondern um 6 Uhr morgens.
Da ist umdenken angesagt.
Karteikarten, Vokabelheft und Trainingsbücher tun hoffentlich ihr übriges
– die Motivation ist hoch; mal sehen ob das Durchhaltevermögen auch öfter mal vorbei schaut.

Die STELLE der täglichen ARBEIT.

23 Okt

Nachdem ich jetzt einige Wochen gearbeitet habe möchte ich nun erstmals über meine Einsatzstelle berichten.

Das Waisenhaus „Angels Home“ liegt nicht weit entfernt von meinem Zuhause und wird von den Ordensschwestern (Franziskanerinnen zu St. Bernadette) unterhalten. Da sie aber keinen speziellen Förderer für das Waisenhaus haben, müssen die drei Schwestern Sister Grace, Sister Veronica und Sister Maria Goretti noch zusätzlich im Krankenhaus arbeiten um Geld zu verdienen.
Die 34 Kinder im Alter von einem halben Jahr (die meisten der Kinder werden schon am Tag ihrer Geburt ins das Waisenhaus gebracht) bis 15 Jahren werden hauptsächlich von den vier angestellten Frauen umsorgt – wobei umsorgt der falsche Ausdruck ist – die Kinder bekommen zu Essen, haben einen Schlafplatz und ihre Schulbildung (Grundschule) wird bezahlt – drückt die Situation besser aus. Das kann man den Frauen aber nicht vorhalten, da sie ja auch die Unmengen an Wäsche waschen müssen was mehrere Stunden des Tages beansprucht und kochen, mindestens eine Sache von mindestens 3 Stunden ist.

Von den 34 Kindern sind 10 im Alter von einem halben Jahr und 4, und 12 im Alter von 4 – 6. Letztere besuchen schon die Vorschule, die auf dem Gelände des Waisenhauses liegt und von einer Lehrerin geleitet wird, die nach „Schulschluss“ um 11.00 Uhr zur Haushaltshilfe und Angestellten mutiert. Dies lässt auch schon die Qualität des Unterrichts erahnen. Da ich täglich ab 8.00 Uhr mit in der Vorschule bin, kann ich das nach ein paar Wochen schon recht gut sagen. Die Kinder schreiben auf maroden Schiefertafeln, wobei es aber nicht für jedes der 30 Kinder (die Klassengröße ergibt sich aus Waisenkindern und Kindern aus normalen Familien – war ein sehr guter heterogener Ansatz ist) eine Tafel, bzw. ein Stück Kreide gibt. Die Kinder werden in den Fächern Kiswahili, Englisch und Mathematik unterrichtet. Unterrichten heißt, die Lehrerin schreibt etwas an die Tafel und die Kinder schreiben es ab oder die Kinder müssen Silben bzw. kurze Wörter im Chor nachsprechen. Wenn ein Kind beim Rechnen alles Falsch hat wird es mit einem Stöckchen auf die Finger geschlagen und bekommt nur gesagt das es nichts richtig gelöst hat – über die eigentliche Richtigstellung der Aufgaben wird nicht gesprochen. Hier habe ich bisher einen guten Einsatzpunkt gefunden, ich übe mit den leistungsschwächeren Kindern.
Ein weiteres Beispiel über die Situation in der Vorschule: Die Lehrerin möchte den Kindern die Farben auf Englisch beibringen hat aber nur leider weiße Kreide. Da auch nicht für jedes Kind ein Heft bzw. ein Stift geschweige denn ein Buntstift da ist malt die Lehrerin bei jedem einzelnen Kind im Heft die Felder in der jeweiligen Farbe aus. Da z.B. die Farbe Braun aber gar nicht vorhanden ist, wird dieses Feld einfach mit dem gleichen Stift wie das Feld „Rot“ ausgefüllt – also nicht besonders effektiv.

Nach der Vorschule kümmere ich mich dann noch zwei Stunden zusammen mit meiner Weltwärtskollegin und WG-Mitbewohnerin Simone um die Kleinsten der Kleinen. Singen, klatschen, herumtollen, spielen usw. stehen auf den Programm – die Kinder sind mir in den letzten Wochen schon richtig ans Herz gewachsen. Und trotz ihrer schwierigen Situation sind sie sehr lebenslustig und haben immer ein Lächeln im Gesicht.

Um ca.12:30 Uhr gibt es Mittagessen und danach schlafen alle Kinder; so haben wir auch unsere Mittagspause, von ca. 13 Uhr bis 15 Uhr. Am Nachmittag habe ich begonnen mit dem Ältesten der Kinder, Moses, einen Kurs im 10-Finger-Schreiben durchzuführen. Der 15-jährige Junge hatte natürlich noch nie in seinem Leben einen Laptop in der Hand. Es macht ihm sehr viel Freude und vor allem ist es schön das er die erworbenen Kenntnisse dann ab Januar auch in der SecondarySchool einsetzten kann. So macht das Ganze auch Sinn.

Nun noch einiges zu den Lebensbedingungen der Kinder:

"Säuglingszimmer"

"Säuglingszimmer"

Jedes der Kinder hat ein eigenes Bett mit Moskitonetz, was jedoch meist sehr zerschlissen und voller Löcher ist. Es gibt keine richtigen Matratzen sondern nur Schaumstoffstücke die aussehen als wären sie schon seit über 10 Generationen in Betrieb – was höchstwahrscheinlich der Wahrheit entspricht.
Die Kinder die noch Einnässen werden jeden Tag am Morgen und am Abend gewaschen und gewickelt – natürlich mit Stofflaken und ohne Überwindel. Ein weiteres mal werden die Kinder nach dem Mittagessen gewickelt – d.h. normalerweise nur 3 Mal am Tag, was viel zu wenig ist und die Kinder deshalb eigentlich meistens mit einer nassen Windel herumlaufen oder mit gar keiner, da sie die Windel oft verlieren.
Gewaschen werden die Kinder in einem Waschraum in dem auch der Schrank mit der Kleidung steht und zwei Badewannen. Jedoch haben die Badewannen keine funktionierende Wasserleitung (bisher haben ich noch im ganzen Haus keinen funktionierenden Wasserhahn gefunden) was die ganze Sache sehr mühsam macht, da man erst immer Wasser von draußen herein schaffen muss.
Die Kinder haben auch schon sehr schlechte Zähne, da sie sie nicht putzen.
Spielzeug für die Kinder ist nur sehr dürftig vorhanden, das heißt 3 kaputte Spielautos, ein paar Bälle und ein Kuscheltier für 34 Kinder. Diese Situation führt natürlich zu ständiger Streiterei und Eifersüchteleien zwischen den Kindern.
Kleidungstechnisch ist das Waisenhaus sehr schlecht ausgestattet, es gibt nur sehr wenige Paar Schuhe so das die Kinder eigentlich immer barfuß auf den kalten Betonboden herumlaufen müssen – die Kinder sind dem entsprechend sehr oft krank und jedes Kind hat eine Schnupfnase.
Unterhosen gibt es 4 Stück in einer Größe – also praktisch „nicht vorhanden“. Ansonsten gibt es noch normale Kleidung, die jedoch auch schon sehr alt und zerschlissen ist und weit unter Secondhand-Standard liegt. Gewaschen wird alles per Hand, obwohl es zwei Waschmaschinen im Waisenhaus gibt – das wäre an sich kein Problem, leider ist der Hygienefaktor dabei sehr gering. Die benutzen Windeln, das Bettzeug und die Kleidung werden so nie richtig rein – d.h. die Bakterien werden nie alle abgetötet.

Zum Essen bekommen die Kinder am Morgen uji (Brei aus Weizen-, Mais- und Sojamehl, gemahlenen Nüssen, Wasser und Milch) und dann Mittags wieder Essen, wobei immer zwei Vorschulkinder aus einem Teller essen müssen, natürlich mit der Hand (hier in Tansania Standard) und die Kleineren teilen sich zu dritt einen Teller. Die Kinder die noch nicht selbst essen können werden gefüttert, alle mit dem gleichen Löffel, da es nicht genügend Löffel für alle gibt. Dabei sitzen die Kinder auf einer Matte am Boden. Das Nächste mal gibt es ungefähr um 17.30 Uhr Abendessen.
Mittags- und Abendessen besteht aus Ugali mit Bohnen, Reis mit Daaka, Kochbananen, Ugali mit Spinat oder Reis mit Brühe, manchmal gibt es auch ein kleines Stückchen Fleisch für die Kinder.
Mit ist bisher aufgefallen das die Kinder gar nichts trinken. Sie bekommen zwar drei mal am Tag zu Essen, aber dazu nichts zu trinken. Im Moment bin ich dabei die Ursache herauszufinden und Lösungsmöglichkeiten zu suchen um diese Situation ändern zu können.

Das waren jetzt viele Fakten – aber ich hoffe ich konnte einen Eindruck über die Situation in meiner Arbeitsstelle „Angels Home“ geben.